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Dunkle Materie nachweisen mit Paläo-Detektoren aus dem Inneren der Erde

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Die Sterne und Galaxien bewegen sich nicht so, wie sie es eigentlich tun sollten. Das wissen wir seit fast 100 Jahren und haben immer noch nicht verstanden, warum das so ist. Das, was wir noch nicht verstanden haben, haben wir “Dunkle Materie” genannt. Und vermuten – aus vielen guten Gründen – das es sich dabei um eine noch unentdeckte Form der Materie handelt. Die wir natürlich gerne entdecken würden. Aber wenn dunkle Materie das ist, für das wir sie halten, dann lässt sie sich nur schwer entdecken. Denn dann ist sie zwar da, wechselwirkt aber so gut wie nie mit normaler Materie.

Wie entdeckt man etwas, aus dessen Sicht sämtliche Messgeräte quasi nicht existieren? Wie entdeckt man etwas, für das die Erde und alles darauf mehr oder weniger unsichtbar ist? Die Teilchen der dunklen Materie – sofern sie wirklich da sind – sausen ständig durchs Universum und mitten durch uns und durch die Erde hindurch, so als ob wir gar nicht da wären. Wie findet man sowas?

Ist nur ein Salzkristall - weiß aber eventuell was über dunkle Materie! (Bild: Ingo Wölbern, gemeinfrei)

Ist nur ein Salzkristall – weiß aber eventuell was über dunkle Materie! (Bild: Ingo Wölbern, gemeinfrei)

Mit Kreativität. Und Wissenschaft! Denn ganz, ganz selten kommt es eben doch zu einer Wechselwirkung von normaler und dunkler Materie. Um das aber nachweisen zu können, muss man unter Umständen auch sehr, sehr lange warten. Man muss einen Detektor irgendwo aufstellen und beobachten. Und warten. Und beobachten. Und hoffen, dass irgendwann doch mal ein Teilchen der dunklen Materie mit einem der normalen Teilchen im Inneren des Detektors wechselwirkt und nachweisbare Spuren hinterlässt. Je länger man beobachtet, desto größer die Chance etwas zu finden. Und “lange” heißt in diesem Zusammenhang: Monate, Jahre oder Jahrzehnte. Da wünscht man sich fast, man hätte eine Zeitmaschine und könnte in die Zukunft reisen um endlich zu sehen, wie das alles ausgeht. Oder zumindest eine, mit der man in die Vergangenheit reisen kann. Dann könnte man früh genug mit der Suche beginnen, so dass die Ergebnisse jetzt schon da sind.

Überraschenderweise schlagen Wissenschaftler aus Schweden genau das vor (“Searching for Dark Matter with Paleo-Detectors”). Ok, nicht genau das. Aber Sebastian Baum von der Universität Stockholm und seine Kollegen sind der Meinung, man könne “Paläo-Detektoren” nutzen, um der dunklen Materie auf die Spur kommen. Damit sind keine alten Maschinen gemeint, die irgendwelche Aliens in der Vorzeit der Geschichte auf der Erde hinterlassen haben. Sondern Mineralien, die tief in der Kruste der Erde stecken. Denn unser Planet kann in gewisser Weise selbst als Teilchendetektor betrachtet werden. Die Erde wird – wenn es sie denn gibt – ständig von Teilchen der dunklen Materie getroffen. Beziehungsweise eben nicht getroffen, weil die Dinger halt glatt durchgehen. Aber an und zu interagiert eines davon doch mal mit einem der Atome aus dem die Erde besteht.

Die Erde als Detektor hat den großen Vorteil, dass sie aus sehr, sehr vielen Atomen besteht. Und schon seit sehr, sehr langer Zeit da ist: Milliarden Jahre lang hatte das Gestein der Erde die Chance, mit dunkler Materie in Wechselwirkung zu treten. Die Erde als Detektor hat aber auch den Nachteil, dass sie eben ein Planet ist und kein spezialisiertes Messinstrument. Man muss sich ein wenig anstrengen, wenn man vernünftige Daten haben will.

Baum und seine Kollegen haben sich mit einem Effekt beschäftigt, der radioaktiver Rückstoß genannt wird. Kurz gesagt: Bei der Wechselwirkung von dunkler Materie mit Atomen bestimmter Materialien, kann sich deren Kristallstruktur minimal verändern. In diesen Mineralien entstehen dann ein paar Nanometer lange “Linien”, die diese Wechselwirkung anzeigen. Dafür eignen sich Minerale wie Zabuyelit – oder aber auch Halit, was eigentlich nichts anderes ist als Salz. Das Zeug sollte aber möglichst tief aus dem Inneren der Erde kommen. Denn es gibt auch jede Menge andere Arten von Teilchen und Strahlung, die das Gestein beeinflussen können. Je tiefer das Mineral aber unter der Oberfläche der Erde liegt, desto besser ist es vor solchen Einflüssen geschützt und es kommt dann nur noch das durch, was – wie die dunkle Materie – überall durch kommt.

Die Sternwarten der Zukunft (Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland in Windischeschenbach - Bild: DALIBRI, CC-BY-SA 4.0)

Die Sternwarten der Zukunft (Kontinentales Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland in Windischeschenbach – Bild: DALIBRI, CC-BY-SA 4.0)

12 Kilometer sollte man schon nach unten bohren, wenn man gute Daten kriegen will. Und einfach ist die Analyse dann auch nicht; da braucht es spezielle mikroskopische Verfahren. Aber es ist eine interessante Methode und eine, mit der man Dinge rauskriegen könnte, die mit den astronomischen Methoden nicht so einfach sind. Man könnte – so Baum und seine Kollegen – verschieden alte Mineralien untersuchen. Es gibt durchaus passende Mineralien die älter als ~230 Millionen Jahre sind. 230 Millionen Jahre ist auch die Zeit, die die Sonne braucht, um einmal das Zentrum der Milchstraße zu umrunden. Wenn man aus dem Gestein tatsächlich auf die Existenz und die Menge an dunkler Materie schließen kann, dann könnte die Untersuchung unterschiedlich alter Mineralien uns sagen, wie die Verteilung der dunklen Materie in verschiedenen Regionen der Milchstraße aussieht!

Ich fände es faszinierend, wenn dieser Methode irgendwann tatsächlich funktioniert. Wer weiß – vielleicht gibt es in ein paar Jahrzehnten jede Menge “Astrogeologen”, die sich mit Hammer und Schaufel daran machen, die Geheimnisse des Universums zu entdecken 😉

(via astrobites)

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